Polen 06.09.2009

Wetter-technisch war es heute ein echtes Vabanque-Spiel. Morgens kündet noch ein blauer Streifen am ansonsten grauen Himmel von dem zu erhoffenden schönen Wetter und kaum ist man außer Haus und auf der Autobahn – da prasselt ein heftiger Schauer nieder.

Mit großem Zweifel, ob es denn mit der Tour etwas werden würde, nähere ich mich der (natürlich geschlossenen) Scheune in Kremmen und finde dort Gunnar, der lässig gegen die geschlossenen Fensterladen gelehnt dasteht. Wir machen uns auf zum benachbarten Café und bestellen ein kleines Frühstück. Und als wir noch darüber spekulieren, ob sich überhaupt noch jemand sehen lassen würde, geschieht das Wunder: nacheinander tauchen Andreas, Dieter, Olli, Ralf, Ronaldo, Steffen und Tom auf. So ziemlich jedem war das gleiche passiert: trocken von zu Hause los und irgendwann dann nass geworden.



So ganz schlüssig waren wir uns noch nicht, ob wir denn starten würden. So gaben wir dem Wettergott noch eine zusätzliche halbe Stunde Zeit, sich von seiner besseren Seite zu zeigen. Und weil es dann anhaltend trocken blieb, wagten wir den Ritt.



Wir starteten auf der B273 und fuhren über Amalienfelde, Germendorf und ein quälend langes Stück durch ganz Oranienburg. Als wir die Stadt endlich hinter uns gelassen hatten, erreichten wir Schmachtenhagen. Diesen Ort wird Steffen wohl in ganz böser Erinnerung behalten: in dieser Linkskurve



kam er auf der feuchten und unebenen Fahrbahn ins Rutschen und stürzte auf den Strassenrand.



Glücklicherweise gab es keine Bordsteinkante und ausserdem fiel er auf ein sandiges Wegstück, was den Schaden an Mann und Maschine in Grenzen hielt.





Wir haben natürlich erst einmal eine längere Pause einlegen müssen, um die Pulsfrequenzen des Opfers und der anderen Mitfahrer (inclusive meinem, weil ich den Sturz im Rückspiegel voll mitbekommen hatte) wieder auf Normalmass zu bringen. Und wir betrieben auch Ursachenforschung. Um es mal ganz klar und deutlich zu sagen: Bridgestones Trialwing und Battlewing sind bei feuchten Straßen echt scheiße! Das ganze war wegen ähnlicher Erfahrungen schon vor über fünf Jahren ein Thema: wen es interessiert: Click Me

Für Steffen war die Tour damit leider vorbei. Er machte sich auf einen ruhigen Heimweg.

Für den Rest ging es weiter über Zehlendorf, Stolzenhagen, vorbei an Lanke mit seinem imposanten Schloss und über Melchow, Eberswalde, Falkenberg und schließlich nördlich vorbei an Bad Freienwalde. Auf der B158 legten wir an einer Bushaltestelle eine weitere kurze Pause ein.



Kurz darauf überquerten wir hinter Hohenwutzen die Oder und kamen nach Polen. Gleich hinter der Grenze bogen wir auf die Landstrasse 126 ein und verließen den dichten Verkehr. Wir folgten ihrem Lauf entlang eines Nebenarmes der Oder und passierten ruhig daliegende kleine Ortschaften, die manchmal so wirkten wie aus dem Geschichtsbuch herausfotografiert. Aber die alten idyllischen Gemäuer der Bauernhäuser lösten sich immer öfter ab mit beeindruckenden Neubauten von Stadtvillen die einen deutlichen Gruß des entdeckten Kapitalismus erboten.

Und mittendrinn gab es dann auch noch einen weniger einladenden T34-Panzer, der (ob gewollt oder ungewollt) mit seinem Kanonenrohr genau in unsere Richtung zielte. ;-)

Kurz darauf erreichten wir das für die Mittagspause auserkorene Restaurant im Ort Stare Lysogorki. Der Wirt gesellte sich gleich für das Foto zu uns.



Ehrlich gesagt waren wir von der Qualität des Essens und der Freundlichkeit des Wirtes und seiner Mitarbeiterin sehr angenehm überrascht. Auch dass die Speisekarte eine klare deutsche Übersetzung hatte, wir also mal wirklich etwas "bestellen" konnten und das Essen zudem richtig gut schmeckte, ließ so manche schlechte Erfahrung auf unseren bisherigen Polen-Touren vergessen. Zu einem "Menü-Preis" von fünf, bzw. sechs Euro wurden wir nicht nur mit Essen und einem Getränk versorgt, sondern bekamen auch noch ein Stück Kuchen und zwei Kannen mit einem Obstsaft präsentiert. Letzteren ließen wir aber fast unberührt, weil dessen Geschmack doch sehr gewöhnungsbedürftig war.

Wir ließen es uns also schmecken.







Satt und zufrieden machten wir uns wieder auf den Weg und verließen auch bald die Landstraße, um Polen auf noch schmaleren Pfaden kennenzulernen. Dass wir dabei auch auf eine kurze Sandpiste kamen, lag an einem kleinen Planungsfehler. Aber der Waldweg war eben und für alle gut zu fahren und bald bekamen wir auch wieder (wenn auch brüchigen) Asphalt unter die Pneus.

Wir durchfuhren noch einige kleine Ortschaften, passierten eine Hochzeitsgesellschaft, wichen vielen in den Orten streunenden Hunden aus und winkten einigen Kindern, die unseren Aufzug für so spannend hielten, dass sie gleich ein Foto mit ihrem Handy machen mussten.

Irgendwann verließen wir die einsamen Weiten und drehten auf die Schnellstrasse 31 ab, die uns nach weiteren etwa 20 Kilometern nach Kostrzyn brachte, wo wir einen Tank- und Einkaufsstopp einlegten.





Hier am Zusammenfluss von Warte und Oder überquerten wir die beiden Flüsse und erreichten wieder Deutschland. Nach einem Stück auf der B1 drehten wir nach Norden ab, um ein wenig durch das Oderbruch zu streifen. Über Gorgast ging es zunächst noch einmal zurück an die Oder, wo wir ein Stück über die alten Wehrdeiche fuhren, die inzwischen alle nagelneue Asphaltdecken hatten.

Wir passierten Genschmar, Zechin, Letschin, Altlewin, Neureetz und auch einen Ort mit dem beschaulichen Namen Croustillier (die "Knusprigen"). Dieser französische Einschlag geht auf die Hugenotten zurück, die hier einst angesiedelt wurden und mit deren Hilfe das ehemalige Moor trockengelegt wurde.

Aber auch ein paar ruppige Schlaglochpisten galt es zu überwinden. Davon mussten wir uns bei Altranft erst einmal erholen.



Aber wir hatten auch langsam Kaffeedurst und so nutzten wir die Gelegenheit, in dem nahe liegenden Freilichtmuseum Ausschau nach einem Lokal zu halten. Wir wurden im Schloß von Altranft fündig. Wir nahmen auf der Terrasse Platz und genossen bei Kaffee und Kuchen die Aussicht in den von Lenné für den Grafen von Hacke im 18. Jahrhundert gestalteten Schloßpark.







Bevor wir zum Schlussspurt ansetzten verabschiedeten wir uns auch schon. Inzwischen war es nach 18 Uhr und wir würden nicht mehr nach Kremmen zurück fahren. Während Tom sich nach Norden absetzte, fuhren wir anderen noch auf ein paar schönen Nebenstrecken über Bad Freienwalde, Dannenberg/Mark, vorbei am Gamensee, Trampe, Breydin und über einen abenteuerlichen Plattenweg nach Gratze. Kurz darauf passierten wir Bernau und drehten in das Mühlenbecker Land ein.

Und auf einmal war sie da: die Wildente. Ich weiß nicht woher aber ich hatte sie plötzlich ungefähr zwei Meter vor meinem Visier. Im Tiefflug kreuzte die Kamikaze-Ente die Landstraße und so sinnlos meine Duck-Versuche auch gewesen wären so viel Glück war dabei, dass das Vieh knapp an mir vorbeizog. Jedenfalls war mein Puls an diesem Tag das zweite Mal auf 180. ;-)

Hinter Schönfliess kamen wir nach Berlin hinein und nach und nach versprengte sich dann die Gruppe.

Auch wenn die Strassen auf insgesamt etwa 300 km reichlich feucht waren, kamen wir zum Glück nicht in richtigen Regen. Ein paar Mal tröpfelte es zwar aber ganz zum Schluß hatten wir auch noch ein wenig Abendsonne.

Eins war jedenfalls unverkennbar: der Herbst naht mir riesigen Schritten und damit läutet er auch bald das Ende der diesjährigen Saison ein. Aber immerhin noch ein Lichtblick: in 14 Tagen erwartet uns erst einmal unsere Herbst-Tour in den Thüringer Wald. :-) Bis dahin!

Gruß Ron