Preußisches Landrecht 28./29.04.2012

Tja, Petrus hat eindeutig ein schlechtes Gewissen und jetzt versucht er wohl, sich mit uns wieder gut zu stellen. Anders wäre das super Wetter, das uns auf diesem Wochenende ununterbrochen begleitet hat, wohl nicht zu erklären.

Dementsprechend trafen wir uns in bester Laune am Sonnabend an der Brücke. Mit dabei waren Andrea und Harry, Evi und Berni, Inge und Henry, Kerstin und René, Manuela und Peter, Axel, Dieter, Jörg, Nico, Ralf, Ralf, Reiner und (mit reichlicher Verspätung) meiner Einer.





Also machten wir uns auf den Weg zur sprichwörtlichen Quelle des Preußischen Landrechts.







Die A115 trug uns zunächst ein Stück aus der Stadt hinaus. Die Ausfahrt Drewitz brachte uns aber schnell wieder auf schmalere Strassen,



die wir wie gewohnt mit den anderen "Bikern" teilen mussten.



Wir passierten Siethen, Trebbin, Sperenberg und Kemlitz.



Und zwischendurch – wie sollte es anders sein – auch eine kleine Übung in Sachen Kehrtwende. ;-)



Nach einer knappen Stunde wurde es dann Zeit für eine erste Pause.









Es ging noch ein Stück weiter in den nahen Spreewald hinein,





wo wir bei Burg im Schatten des Bismarckturms



zum Mittagessen einkehrten.





Dann hieß es, die letzte Etappe bis zur polnischen Grenze zu nehmen.





Wir surften noch an dem Kraftwerk Jänschwalde vorbei, dessen neun Türme imposant in den Himmel ragen.



Bald darauf überquerten wir die Grenze südlich von Guben.



Und gleich darauf legten wir den Tankstopp ein.



Auf rustikalen polnischen Pisten setzten wir unseren Trip fort.





Allerdings wurde es uns dann doch zu rustikal.



Wir beratschlagten kurz, wie wir weiterfahren wollten



und entschieden uns, umzukehren und wieder festeren Untergrund zu suchen.







Nach einem kurzen Turn nach Süden trafen wir in Krosno Odrzanskie ein, dem ehemaligen Ort Crossen, der direkt an der Oder liegt. Hier legten wir direkt an der Kirche einen Stopp ein, weil es galt, einem denkwürdigen Vorgang aus dem Jahre 1741 zu gedenken.







Am 14. Februar 1741 traf König Friedrich II. hier ein, um letzte Vorbereitungen für seinen Einmarsch in Schlesien zu treffen. Genau an diesem Tag geschah es, dass der Glockenstuhl der Kirche einbrach und die Glocke zu Boden stürzte. Die Soldaten hielten dies für ein böses Omen und gerieten in Angst. Friedrich, der nichts auf Religion und Aberglauben gab, wusste, dass er gegen die Sorgen seiner Leute etwas unternehmen musste und gab dem Vorfall eine neue Deutung. Er sprach, dass es zu bedeuten habe, dass das Hohe stürzen- und das Niedere aufsteigen solle. Mit dem Hohen war der Gegner Österreich gemeint und mit dem Niederen das Königreich Preußen. Seine Soldaten glaubten ihm und wie die Geschichte zeigte, sollte er Recht behalten.

Wir zogen wieder unserer Wege.









Ein weiterer Abstecher auf einem holprigen Pfad



führte uns zu dieser alten Wassermühle.









Damit hatte es folgendes auf sich: In Pommerzig (Pomorsko, Polen) gab es einst den Müller Arnold, der eine Wassermühle betrieb. Weil sein Nachbar der Landrat von Gersdorff einen Karpfenteich anlegen ließ und damit das Wasser knapp wurde, warf die Mühle nicht mehr genug ab und der Müller konnte seinen Pachtzins an seinen Landherren, den Grafen Schmettau, nicht mehr bezahlen. Dieser nutzte die Gelegenheit und erwirkte 1773 in einem Patrimonialgericht (Gerichtsbarkeit des Landherrn), bei dem er selbst den Vorsitz führte, ein Urteil, um den Müller zu enteignen. Der Müller rief das höhere Gericht in Küstrin an, das das Urteil aber bestätigte. Im Jahr 1778 wurde die Mühle zwangsversteigert und der Graf von Schmettau erwarb sie sehr billig.

So wandte sich Müller Arnold in einer Eingebung an König Friedrich. Dieser war sehr ungehalten über das ungerechte Urteil und ließ die Gerichtsherren vor sich treten. Der schon von der Gicht geplagte König hielt ihnen eine Standpauke und erklärte ihnen, wenn sie derart ungerechte Urteile sprächen, sie es mit ihm zu tun kriegen würden. So warf er sie für ein Jahr in Kerkerhaft in die Festung Spandow und sprach dem Müller Arnold eine ausreichende Entschädigung zu.

Friedrich wusste, dass die Ursache für solche Fehlurteile die ungenaue und längst überholte Gesetzgebung war. So beauftragte er am 14. April 1780 den Großkanzler Johann Heinrich von Carmer mit der Ausarbeitung eines "Allgemeinen Gesetzbuches für die preußischen Staaten". Mit vielen modernen Regelungen war es ein Meilenstein für die Entwicklung der Rechtsprechung und gilt als ein Vorgänger des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900.

In diesem Geiste wurde auch der erste Staatsvertrag der noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika mit dem Königreich Preußen geschlossen. In ihm wurden die Handelsbeziehungen geregelt, wie auch das Verhalten in einem Waffengang und der Status von Kriegsgefangenen, lange bevor dies 1864 in den Genfer Konventionen niedergelegt wurde.

Wir ließen den Blick noch ein wenig schweifen,





und machten uns wieder auf den Weg nach Swiebodzin, dem ehemaligen Schwiebus.



Nachdem wir die Moppeds mit einem Alarm-Kabel gesichert hatten, nahmen wir im Hotel Sen unsere Zimmer in Beschlag und trafen uns nach einem Sprung unter die Dusche und kurzer Pause am Abend zum Essen wieder.









Während des Essens las uns Ralf die Geschichte zum Ort Schwiebus vor, der für den Alten Fritz auch eine Bewandtnis hatte: hier lebte einst die Kuhhirtin Anna Luise Karsch, die im Jahr 1722 geboren wurde. Sie war mit dem Tuchmacher Hirsekorn verheiratet. Allerdings war die Ehe unglücklich und so forderte sie die Trennung von ihrem Mann. Das Allgemeine Preußische Landrecht machte dies erstmals möglich. So ging diese Trennung als erste Scheidung in Preußen in die Geschichte ein.

Diese und vor allem die anderen – mitunter etwas schlüpfrigen – Geschichten sorgten nach dem Essen auf der Terrasse des Hotels für genügend Gesprächsstoff und eine sehr ausgelassene Stimmung.







Zum Beispiel kriegte sich dieser Herr nicht mehr recht ein. Stichwort: "mmmääähhh, mmmääähhh"



Und dank der Nachtschicht der Bar-Dame gab es auch immer wieder Nachschub.







Und auch diesmal gab es wieder ein paar Güldne-Band-Anwärter, also feierten wir unser Ritual.





Der Abend wurde noch sehr lang.





Die letzten gingen schließlich gegen zwei Uhr in die Kojen. Am nächsten Morgen lud uns die warme Sonne zum Frühstück ebenfalls auf die Terrasse ein.





Und als alle Rechnungen beglichen waren, machten wir uns wieder reisefertig







und ritten vom Hof.



Zunächst aber blieben wir in Swiebodzin.



Denn im Norden der Stadt wollten wir die große Christus-Statue besuchen.







Die Stadt hat hier ihrem Schutzpatron ein Monument erstellt, das mit 36 Metern Höhe die Statuen in Bolivien (die bis dahin größte Statue) um zwei Meter und die berühmte Statue in Rio de Janeiro sogar um sechs Meter überragt. Zusammen mit dem Hügelfundament kommt das 440 Tonnen schwere Denkmal auf eine Gesamthöhe von 52,50 Metern.

Hier noch einmal das Original:



und hier die Kopie:



Und hier der Größenvergleich:





Bevor wir uns auf den Heimweg machten





sprinteten wir noch einmal schnell zu dem gegenüber liegenden (und sonntags geöffneten) Supermarkt, um uns mit Getränken einzudecken.



Dann ging es heimwärts. Zunächst noch einmal durch die Stadt



und dann über Land.



Wie so oft trafen wir auf einheimische Motorradbegeisterte.







Weil wir ja bekennende Liebhaber der Nebenstraßen sind, verließen wir auch bald den Highway.









Zwischendrin gab es dann eine kurze Unterbrechung. Auf einmal war der Tross abhanden gekommen.



Aber bald war die Gruppe wieder beisammen.







Auf einer kurzen Pause



stellte sich dann der Grund für die Unterbrechung heraus: ein Kennzeichen hatte im wahrsten Sinne des Wortes "die Fassung" verloren.







Aber weil Kabelbinder ja zum Standardsortiment gehören, konnte es bald weitergehen.



Kurz vor dem Grenzübergang legten wir noch einmal einen Tankstopp ein.



Und gleich darauf besuchten wir den Markt, um diverse Nikotin- und Koffein-Produkte einzuverleiben.





Die Moppeds waren auf einem bewachen Parkplatz abgestellt.



Auf dem Weg durch Slubice waren wir noch komplett.







Aber in Frankfurt angekommen, teilte sich die Gruppe dann auf, weil viele direkt nach Hause wollten.





In einem großen Bogen gen Süden ging es westwärts.





Und auch hier hatten wir wieder unsere Fans.











Allerdings kürzten wir die Strecke auch ein wenig ab und folgten der B246 bis Trebbin, wo wir über Ahrensdorf nach Dobbrikow steuerten.











Dort ließen wir die Tour bei dem berühmten A/W+S



und A/W-S ausklingen.



Das Wetter hat uns auf den 643 Kilometern eine große Show geliefert. Durchweg sonnig war es fast schon wieder zu warm. Aber nach den bisherigen Sperenzien in Sachen Wetter war dieses Wochenende eine tolle Entschädigung.

Und ganz besonders wird mir auch der Samstagabend auf der Terrasse in Erinnerung bleiben. Die tolle Stimmung in der ganzen Truppe macht Lust auf mehr!

Bis dahin!

Gruß Ron