Geheimnisse der Schorfheide 18.09.2016



Weil die Pleite des Bakersdrive Nord uns den Treffpunkt gekostet hat, nahmen wir heute Zuflucht zur Nordmeile. Dort gab es auch ein Café, das uns am Sonntagmorgen mit Kaffee und Brötchen versorgen konnte.





Mit dabei waren Anja, Benno, Bernd, Britta, Christian, Hans-Peter, Ina, Ingo, Jessica, Jonas, Jürgen, Manfred-M., Ralf (RaBe), Ralf (ralfr12r), Rene, Roy, Sandra, Stefan, Steffen, Thomas (Thomas Oldenburg), Thomas (Thomas117), Ulli, Timo und ich.

Frisch gestärkt konnten wir uns auf den Weg machen. Diesmal wollten wir ein paar Geheimnisse der Schorfheide erkunden. Also ging es zunächst nördlich aus Berlin hinaus.







Wir fuhren über Schönfließ in das Mühlenbecker Land und passierten Buchhorst, Schönwalde, Basdorf und Wandlitz, bevor wir kurz vor Ützdorf unser erstes Ziel erreichten.







Bevor wir das Ziel genauer unter die Lupe nahmen, reihten wir uns erst einmal ordentlich ein.



Als alles Notwendige besprochen war, nahmen wir einen kurzen Marsch von 300 Schritten in Kauf,



um zu diesem Anwesen zu gelangen.







Der Waldhof Bogensee gehörte einst zum Schloss und Gut Lanke, das mit 5000 Hektar Fläche und einschließlich des Bogensees von Graf Wilhelm von Redern, seines Zeichens Kämmerer und Geheimer Rat Kaiser Wilhelms II., im Jahr 1919 zum Preis von 20 Millionen Reichsmark an den Magistrat der Stadt Berlin verkauft wurde. In Berlin gab es übrigens mal ein Palais Redern, das an prominenter Adresse angesiedelt war: Unter den Linden 1 Ecke Pariser Platz steht heute das Adlon. Der Waldhof erlangte bald traurige Berühmtheit. Denn im Jahr 1936 schenkte der Magistrat das Anwesen von etwa 496 Hektar dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels zur Nutzung auf Lebenszeit. Zu dieser Zeit verfügte er nur über eine Blockhütte am See. In seiner Stellung strebte Goebbels aber nach einem repräsentativen Landsitz und so wurde der Waldhof umfassend ausgebaut. Die damaligen UFA-Stars Heinz Rühman, Zarah Leander und viele andere gaben sich hier ein Stelldichein. Die über 30 geräumigen Zimmer wurden von Gobbels und seiner Frau Magda und die gemeinsamen sechs Kinder bewohnt. Die Kinder wurden jeden Tag mit der Kutsche zum Dorf Wandlitz gefahren, wo sie die Schule besuchten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs diente das Anwesen als Lazarett. Später wurde auf dem Grundstück die FDJ-Hochschule errichtet. Heute ist wieder die Stadt Berlin Eigentümerin der Anlage. Man bemüht sich, einen Investor zu finden. Aber die Sorge, dass über Mittelsmänner das Anwesen einmal in die falschen Hände geraten könnte, bremst diese Bemühungen aus.

Wir schauten uns noch ein wenig um.











Schließlich fuhren wir weiter. Baustellen zwangen uns nun zu einem kleinen Umweg. Zunächst ging es zurück nach Wandlitz und Klosterfelde, wo wir weiter nach Osten abdrehten und über Prenden, Lanke, Biesenthal und Spechthausen nach Eberswalde fuhren.









Hier fanden wir in einem kleinen Park ein interessantes Denkmal. Die "Kämpfende Amazone".









Mit dieser Statue hatte es eine besondere Bewandtnis: der Zeichner, Maler und Bildhauer Franz Stuck – später geadelt als Ritter von Stuck – (23.02.1863-30.08.1928) erschuf die "Kämpfende Amazone" im Jahr 1897. Welchen Weg die Plastik genommen hat, ist nicht genauer bekannt. Sie geriet aber später in die Hände von Hermann Göring, der als "Reichsmarschall" (ein lächerlicher Titel, den Hitler eigens für ihn geschaffen hatte und der nie von jemand anderem getragen wurde) neben anderen Verbrechen auch für den Raub vieler Kunstschätze verantwortlich war. Er hortete diese Schätze auf seinem Anwesen "Carinhall", das wir heute auch noch besuchen wollten. Wie die "Kämpfende Amazone" nach Carinhall kam, ist nicht bekannt. Aber gesichert ist, dass sie einst dort am westlichen Hauptflügel stand. Nach dem Krieg wurde sie nach Eberswalde gebracht und nach vielen Jahren an der Maria-Magdalenen-Kirche fand sie ihren heutigen Aufstellort im Weidendamm-Park.



Wir setzten unseren Trip fort und verließen Eberswalde in nördlicher Richtung. Wir fuhren vorbei am Kloster Chorin und passierten Serwest, bevor wir auf der Höhe von Herzsprung nach Schmargendorf abdrehten. Es sei auch hier noch einmal darauf hingewiesen: unsere Vorfahren waren bei der Namensgebung ihrer Siedlungen nicht sehr erfindungsreich. Deshalb tauchen viele Namen in unseren Breiten mehrfach auf. Und als geborener Schmargendorfer muss ich mich von diesem Ort distanzieren: mein Geburtsort war das Schmargendorf in – früher bei – Berlin (oder besser bei Wilmersdorf).

Dass wir uns jetzt der Schorfheide näherten (bisher waren wir schon im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, zu dem die Schorfheide seit 1990 gehört) machten die gewählten Pfade deutlich: auf Kopfsteinpflaster und Plattenwegen ging es durch die urtümliche Landschaft.













Das Reservat ist ein Großschutzgebiet des Landes Brandenburg. Auch die Buchenwälder des Grumsiner Forstes (den wir dieses Jahr auf der Wald-Erbe-Tour schon besucht haben) gehören dazu. Der bisherige Leiter des Biosphärenreservates Martin Flade ist ein emsiger Naturschützer. Querelen mit Waldbesitzern und Industrieunternehmen haben aber dazu geführt, dass er Anfang des Jahres 2016 von seinem Posten abberufen wurde. Besonders die wasserreichen Waldgebiete der Schorfheide boten schon immer eine reiche Heimstatt für viele Pflanzen- und Tierarten. Das Rot- und Schwarzwild wurde bejagt und besonders für die Oberen des Staates – egal ob Monarchen, Nazis oder Kommunisten – bot es eine weniger waidmännische Freizeitbeschäftigung. Die weitläufige Umzäunung des Geländes hinderte die Tiere an der Flucht. So war es ein Leichtes, die Rehe und Hirsche den Kaisern, Marschällen und SED-Bonzen vor die Flinten zu treiben. Über Erich Mielke wird zum Beispiel berichtet, dass er besoffen die mit hellem Licht angestrahlten und vor Angst erstarrten Rehe nacheinander abknallen konnte, ohne auch nur einen Schritt auf die Pirsch gegangen zu sein. Mit der fachmännischen Hege und Pflege des Wildbestandes (ja liebe Tier-Liebhaber, das Jagen gehört eben auch zum Naturschutz dazu) hatte das eher wenig zu tun.

Wir näherten uns über Zuchenberg, Altkünkendorf und Neugrimnitz nun Joachimsthal. Hier war eigentlich ein Besuch mit Mittagessen am Jagdschloss Hubertusstock geplant. Aber leider war das Restaurant mit einer Hochzeitsfeier am Vorabend noch vollauf beschäftigt und so ließen sie sich das Geschäft mit uns entgehen. Aber es gab eine anderes interessantes Ersatz-Ziel für uns: den Kaiser-Bahnhof.



Auf Befehl des letzten Kaisers wurde dieser Bahnhof in Fachwerkbauweise errichtet. Er sollte die Jagdgesellschaften von Berlin schneller an den Werbellinsee bringen und von hier per Kutsche zum Jagdschloss Hubertusstock. Damit verfügte die Stadt Joachimsthal gleich über zwei Bahnhöfe: Joachimsthal und Joachimsthal-Kaiserbahnhof. Mit großem Pomp wurde der Bahnhof mit einem ersten Besuch des Kaisers im Herbst 1898 eingeweiht.

Als Bundeskanzler Helmut Schmidt auf seinem Besuch 1981 in Hubertusstock übernachten sollte, wurden oberflächliche Renovierungen des Bahnhofs begonnen. Als sich abzeichnete, dass der Kanzler entgegen der Planung mit dem Auto anreisen würde, wurden die Arbeiten sofort eingestellt.

Heute wird die Anlage mit dem Stationsgebäude, dem Kaiserpavillon und dem Gasthaus für verschiedene Zwecke genutzt. So finden Konferenzen und andere Veranstaltungen hier statt. Unter anderem befindet sich hier der "erste Hörspielbahnhof". Anlässlich solcher Veranstaltungen hält hier die Regionalbahn. Sonst gibt es nur einen Bedarfshalt.

Der gegenüberliegende Gasthof war für uns heute auch die Futterluke zu Mittag. So enterten wir den Biergarten.



Mit der Vorbestellung klappte es gut und zügig konnten wir uns auf den nächsten Streckenabschnitt machen.



Wir fuhren zunächst weiter nach Norden Richtung Friedrichswalde. Vor der Kirche (wo an jedem zweiten Sonntag im Mai ein Motorrad-Gottesdienst stattfindet) bogen wir ab und tauchten jetzt richtig tief in die Schorfheide ein. Über Kopfsteinplaster und festgefahrenen Sandpisten ging es tief in den Wald hinein.









Der Weg führte uns auch über diese Brücke.



Bezeichnenderweise trägt sie diesen Namen:







Denn kurz darauf kamen wir an dieses Tor:









Dabei handelt es sich um die Zufahrt zum Gelände von "Carinhall", dem einstigen Landsitz von Hermann Göring. Im Andenken an seine erste im Jahr 1931 verstorbene Frau Carin Göring, wurde das Anwesen getauft. Die Entwürfe stammen vom Architekten Werner March, zu dessen Werken auch das Berliner Olympiastadion gehört. Der repräsentative Landsitz bestätigt einmal mehr das Streben der Nazis nach Gigantomanie. Die Gebäude wurden schrittweise ab 1933 errichtet. Im Jahr 1934 erfolgte die Überführung des Leichnams der Namensgeberin, die hier in einer Gruft bestattet wurde.

Hier ein paar historische Bilder:









Wie schon erwähnt, bestand die große "Privatsammlung" von Kunstwerken aus in allen Teilen Europas erbeuteter Schätze. Als sich der Zweite Weltkrieg dem Ende näherte, wurden viele davon in einem Salzbergwerk in der Steiermark ausgelagert. Als die Rote Armee immer weiter vordrang, wurde das gesamte Anwesen auf Befehl Görings mit über 80 Fliegerbomben gesprengt. Heute ist davon (bis auf ein paar Grundmauern) nichts mehr zu sehen.

So konnten wir auch nichts weiter machen, als das Gelände zu passieren. Zwischendurch legten wir einen kurzen Stopp ein.



Dann ging es weiter durch den Wald.





Wir quetschten uns zwischen dem Großdöllner See und dem Wuckersee hindurch und kamen auch an eine verborgen liegende kleine Badestelle am südlich gelegenen Wuckersee vorbei.









Hier noch ein Blick auf den nördlich liegenden Großdöllner See.







Wir verließen nun die abseits liegenden Pfade und drehten noch eine Runde nach Norden. Kurz vor Ahlimbsmühle warfen wir im Vorbeifahren einen Blick auf dieses Gelände.





Irgendwo hier stand einst die "Scheinanlage Carinhall", einer aus Holzgerüsten und Zeltplanen errichteten Installation, die aus der Luft gesehen dem Anwesen Görings glich und die bei Bomberangriffen das Feuer auf sich ziehen sollte. Aber auch davon ist heute nichts mehr zu finden. So fuhren wir weiter, drehten bei Milmersdorf wieder gen Osten und kurzdarauf wieder Richtung Süden nach Friedrichswalde.

Wieder zurück nach Joachimsthal kurvten wir östlich am Werbellinsee entlang und erreichten bei Altenhof das Waldcafé, in das wir zu Kaffee und Kuchen einkehrten.





Den Schlussspurt traten wir zunächst auf dem Waldweg nach Eichhorst an und fuhren dann über die "Walzerbahn" nach Groß Schönebeck.





Auf dem folgenden Bild ist besonders gut zu erkennen, um welchen Spaß wir hier beraubt wurden:



So wie die Grashügel in die Höhe ragen, verlief einst die Straße. Die damalig noch "Achterbahn" genannte Strecke musste so leider zur "Walzerbahn" degradiert werden. ;-)

Wir fuhren weiter bis Groß Schönebeck.



Eigentlich stand hier noch ein "Geheimnis" auf dem Plan. Aber weil der Weg sehr mühsam gewesen wäre und die Ausbeute an sichtbaren Sachen eher gering, ließen wir dies aus. Aber für die Nachwelt hier ein paar Bilder. Es handelt sich hier auf dem alten Weg nach Joachimsthal um die Jagdhütte von Erich Honecker, das Jagdhaus Wildfang. Das Gelände ist aber fest verschlossen und so konnte man nur von außerhalb einen Blick darauf werfen.













Der Weg zurück nach Berlin ging über bekannte Pfade. Wir durchfuhren Hammer, Liebenwalde, Kreuzbruch, Zehlendorf (das Thema mit den einfältigen Vorfahren hatten wir ja schon), Summt, Mühlenbeck, Schönfließ und Glienicke/Nordbahn und erreichten schließlich den Ausgansort, die Nordmeile.















Hier löste sich die Truppe dann endgültig auf und jeder fuhr seiner Wege.

Nach insgesamt 229 Kilometern ging einmal mehr eine interessante Tour zu Ende. Und wieder die Erkenntnis, dass abseits der großen Straßen eine Menge interessanter Orte in Brandenburg zu finden sind.

Bis zum nächsten Mal!

Gruß Ron