Martin Luther 02.04.2017 / Saisoneröffnungstour



Nach langer Abstinenz durften wir heute in die Saison 2017 starten. Und da ließen sich die Berlin-Brandenburg-Biker nicht lange bitten: mit 32 Leuten auf 28 Maschinen wetzten wir bei schönem Sonnenschein den brandenburgischen Asphalt.

Mit dabei waren Bernard, Bernd, Britta, Christian (Gatower), Christian (ch69meyer), Eva, Frank, Gerald, Hans-Peter, Hartmut, Jonas, Lutz, Manfred, Martina, Mike, Mirko, Natascha, Nils-Ove, Ole, Patrick, Ralf, Ronald, Silke, Solveig, Stefan (Stevie), Stefan (stevesan), Sybille, Sylvia, Tim, Uwe, Xavier und ich.

Wir füllten die Brücke und es gab noch Kaffee und Brötchen.



Als wir die Brücke dann geschlossen verließen, leerten sich auch sichtbar die Reihen der Gäste dort. ;-)



Das Thema für die heutige Ausfahrt war eines, das uns in diesem Jahr noch mehrmals begegnen wird: im Jubiläumsjahr von 500 Jahren der Reformation wollten wir nachschauen, welche Spuren sich von dem Reformator Martin Luther



hier in Brandenburg noch heute finden lassen. So ging es nach Potsdam und dort südlich hinaus.







Als wir den Templiner See und den Schwielowsee an ihrer Ost-Küste passiert hatten, fuhren wir weiter über Caputh, Ferch, Klaistow, Kanin und Busendorf, bevor wir hinter Emstal die erste Pause einlegten.







Unsere Einreihpause und deren Sinn und Zweck konnten wir einem spontanen Huckesack-Mitfahrer erläutern. Tim hatte sich kurzerhand an der Brücke uns angeschlossen. Nach ein paar Diskussionen konnten wir aber festhalten, was auch für die ganze Tour heute gelten würde, dass es bei solch einer starken Gruppe von 28 Maschinen wirklich alles recht glatt lief.

So ermutigt konnten wir den Trip fortsetzen.





Der Weg führte uns über den Hohen Fläming und wir durchfuhren die Ortschaften Lehnin, Michelsdorf, Oberjünne, Planebruch, Linthe, Schlalach und schließlich Treuenbrietzen. Dort nahmen wir vor der Marienkirche die "Luther-Linde" wahr. Solch ein Baum, der nach dem Augustiner-Mönch benannt ist und daran erinnern soll, dass Luther hier einst gepredigt hat (was historisch für diesen Ort allerdings nicht belegt ist), ist in der Region häufig zu finden. Wir hielten aber nicht an, sondern setzten die Fahrt ein Stück fort. Nur wenige Kilometer weiter hielten wir jedoch im Ort Dietersdorf an,



um dieses Bauwerk näher anzuschauen.



Hinter einem heutigen Kriegerdenkmal befindet sich ein alter Brunnen. Bei einer seiner Visitationsreisen soll Martin Luther persönlich sich hier erfrischt haben und aus dem Brunnen getrunken haben. Welch ein historischer Ort. ;-)

Aber für uns die Gelegenheit für ein paar erste Worte über Martin Luther. Irgendwie sah das nach einer Bergpredigt aus.



Und irgendwie ähnelten sich auch die Staturen.



Und was bei dem Mönch die Tonsur, ist bei einem Biker der Helm-Abdruck.



Wer war Martin Luther eigentlich?

Martin Luther

Martin Luther (10.11.1483 – 18.02.1546) wurde als Sohn des Mineneigners und späteren Ratsherrn Hans Lüder (1459-1530) und dessen Frau Margarethe geb. Lindemann (1459-1531) in Eisleben geboren. Der Familienname wurde in verschiedenen Formen geführt. Der Name Lüder stellt eine Verbindung zum gleichnamigen Adelsgeschlecht her. Ritter Wigand von Lüder, der sich etwa im Jahr 1302 in der Gegend niedergelassen hatte, gilt als ein Vorfahre von Martin Luther. Etwa im Jahr 1512 legte Luther für sich seinen Namen und dessen Schreibweise fest. Oftmals wird er als Martinus bezeichnet. Latinisierte Namen waren für Angehörige des Klerus weit verbreitet.

Getauft wurde er am 11. November 1483 auf den Namen des Tagesheiligen Martin.

Von 1490/91 bis 1497 besuchte er die Mansfelder Stadtschule. Trotz seiner neun Geschwister konnten sich die Eltern diese Ausbildung ihres Zöglings leisten, weil der Vater durch seinen Beruf als Hüttenmeister und Mineneigner einen bescheidenen Wohlstand erwarb. Im Jahr 1498 schickten ihn seine Eltern auf die Magdeburger Domschule und danach bis zum Jahr 1501 auf die Pfarrschule St. Georgen in Eisenach. Hier perfektionierte er seine Lateinkenntnisse und war in der Lage diese damalige Diplomatensprache fließend zu sprechen. Ab 1501 studierte Luther an der Erfurter Universität und absolvierte diese als Magister Artium.

Anfangs beugte er sich dem Wunsch seines Vaters, das Studium in der Fakultät der Juristen fortzusetzen. Aber da legte sich ihm ein bedeutsames Erlebnis in den Weg, das heute als Mysterium gilt aber – folgt man den Historikern – nicht belegt werden kann. Als er am 2. Juli 1505 nach einem Besuch der Eltern in Mansfeld auf dem Rückweg nach Erfurt in der Nähe des Ortes Stotternheim war, wurde er von einem heftigen Gewitter überrascht. In Todesangst betete er zur Heiligen Anna und versprach, dass er fortan als Mönch leben und dem Herrn dienen wolle, wenn sie ihn dieses Unwetter überleben lasse. Offenbar wurde der Wunsch erfüllt, den von nun an schlug Luther den Weg eines Geistlichen ein.

Er trat am 17. Juli 1505 in das Augustiner-Kloster in Erfurt ein und war als Ordensbruder so gewissenhaft, dass er schon am 27. Februar 1507 zum Diakon und am 4. April desselben Jahres zum Priester geweiht wurde. So nahm er im Jahr 1508 das Studium der Theologie in Wittenberg auf. Nach einer Romreise in den Jahren 1510/11 wurde Martin Luther im Oktober 1512 zum "Doctor Theologiae" promoviert und übernahm eine Professur für die Bibel-Auslegung. Im Zuge dieser Tätigkeit wuchsen in ihm die Zweifel an der klerikalen Kirchenordnung.

Nach seinen eigenen Worten empfand er durch den Bibelvers "Der Gerechte wird aus dem Glauben leben" (Römerbriefe 1,17) eine regelrechte Befreiung und entdeckte die Bibel (insbesondere das Neue Testament und die Person Jesu selbst) als vollkommenen Gnadenakt Gottes, der an keine kirchliche Organisation gebunden sei. So entwickelte sich seine Kritik an der durch das Mittelalter geprägten Kirche.

Nachdem der Ablass-Prediger Johann Tetzel so energisch für die bezahlbare Erlösung warb, nahm Luther ausdrücklich dagegen und somit gegen den Papst Stellung. Mit zunächst 97 Thesen (später dann 95), die er am 4. September 1517 in einem Brief an den Mainzer Erzbischoff sandte, entstand ein heftiger Disput. Dass er diese Thesen zur Veröffentlichung an das Hauptportal der Schlosskirche in Wittenberg schlug, war lange umstritten. nach neuesten Erkenntnisse hat er dies wohl tatsächlich am 31. Oktober 1517 getan – aber offenbar nur, um sie dort unter den Studierenden und Gelehrten zu disputieren. Dennoch steht dieses Datum heute als Reformationstag in den Geschichtsbüchern.

Der Streit eskalierte so weit, dass ihm schließlich der Prozess gemacht wurde. Anfangs sollte er hierfür in Rom erscheinen. Mit der Unterstützung des sächsischen Kurfürsten Friedrich III. (der Weise) wurde das Verhör auf deutschem Boden abgehalten. Hier weigerte sich Luther, seine Thesen zu widerrufen. Um ihn vor den Häschern des Papstes und des Kaisers zu retten, wurde Luther in einer Nacht- und Nebel-Aktion am 4. Mai 1521 von den Soldaten Friedrichs "entführt" und auf der Wartburg einquartiert. Offiziell als "Junker Jörg" lebte er von nun an hier inkognito und begann sein historisches Werk, die Übersetzung der Bibel in deutsche Sprache.

Entgegen der allgemeinen Auffassung war dies nicht die erste deutsche Übersetzung. Aber im Gegensatz zu den Wort-für-Wort-Übertragungen, die ein Lesen des Werkes sehr erschwerten, orientiert sich Luther an den hebräischen und griechischen Ursprungstexten und bemühte sich, eine Sprache zu finden, die das einfache Volk auch verstehen würde. Dabei schuf er neue Wörter wie z. B. "Machtwort", "Schandfleck", "Lückenbüßer", "Gewissensbisse", "Lästermaul", "Lockvogel" oder Redewendungen wie "Perlen vor die Säue werfen", "ein Buch mit sieben Siegeln", "die Zähne zusammenbeissen", "etwas ausposaunen", "im Dunkel tappen", "ein Herz und eine Seele", "auf Sand bauen" oder "der Wolf im Schafspelz" und leistete einen direkten Beitrag zur Entwicklung der deuten Sprache.

Die Reformation griff schnell um sich. Vielen Landesherren bot sich eine günstige Gelegenheit, sich dem Einfluss des Papstes zu entziehen. So war die Reformation auch ein grundlegend politischer Prozess, der in den folgenden Jahrhunderten immer wieder Kriege auslöste. Der Dreißigjährige Krieg von 1618-1648 ist wohl der bekannteste "Glaubenskrieg".

Martin Luther verstand sich selbst nie als Kirchenspalter, sondern eher als Erneuerer. Trotzdem manifestierte sich die Reformation in vielen Ausprägungen überwiegend im west- und nordeuropäischen Raum. Im Süden gilt sie auch heute noch oftmals als "deutscher Glaube" und als Irrweg.

Bis zu seinem Tode war Martin Luther mit der Stabilisierung der evangelisch-lutherischen Kirchenorganisation befasst. Auf vielen Visitationsreisen ordnete er Strukturen und hielt viele Predigten. Oftmals wurden aus diesem Anlass Bäume gepflanzt, die seinen Namen tragen.

Sein Vermächtnis ist eines der bedeutendsten der deutschen Geschichte.

So geläutert – oder wie wir es dann nannten: geluthert – nahmen wir wieder Fahrt auf.





Über Marzahne, Schönefeld, Kurzlipsdorf, Blönsdorf, und Dennewitz kamen wir nach Jüterbog.







Hier schlichen wir durch die Altstadt,



um neben der Stadtkirche St. Nikolai alles an Leerraum auf der Straße in Beschlag zu nehmen.



Hier trafen wir jedoch auf "Widerstand". Wie einst Martin Luther vor der Stadtkirche zu Wittenberg, standen wir hier auch vor verschlossenen Türen.





Trotz aller Bemühungen telefonisch wie schriftlich, war es mir nicht gelungen, mit der Pfarrgemeinde Kontakt aufzunehmen, um die Türen öffnen zu lassen. Also mussten wir – ebenso wie es Luther auf seinen reformatorischen Predigt-Reisen oftmals getan hat – vor den Türen "predigen". Der Unterschied war nur, dass man ihn seinerzeit wirklich nicht einlassen wollte.

Die Wissbegierigen versammelten sich also



und lauschten den nächsten Ausführungen.







Denn Jüterbog spielte eine wichtige Rolle für Luther als auch für die Reformation schlechthin.

Aber zunächst eine Vorbemerkung:

Ablasshandel

Nach christlichem Glauben darf eine Seele erst dann in den Himmel gelangen, wenn sie sich sozusagen von den auf der Erde begangenen Sünden reingewaschen hatte. Die einzige Instanz dafür war das Fegefeuer. Dort musste so ziemlich jede Seele nach dem Tode der körperlichen Hülle eine gewisse Zeit verbringen, denn jedem war klar, dass alle Menschen Sünder seien. Je nach Schwere der Sünde kamen da schnell ein paar Jahrzehnte bis Jahrhunderte zusammen. Aber immerhin: dafür lockte danach auch das Paradies, in dem man dann zur Seite des einen Gottes sitzen würde. Nicht zu verwechseln übrigens ist das Fegefeuer mit dem Höllenfeuer. Wer dort gelandet war, der war tatsächlich "zum Teufel". Aus dessen Flammenmeer gab es kein Entrinnen. Auf alten Gemälden kann man den Unterschied gut erkennen. Menschen inmitten der Flammen, deren Hände noch immer zum Gebet gefaltet sind, folgen treu ihrem Glauben und erbitten den Einzug in den Himmel, während sie sich im Fegefeuer reinigen lassen. Andererseits sind wild durcheinander geworfene, brennende Leiber hoffnungslos dem Satan verfallen und haben keine Chance auf den Einzug ins Paradies.

Dieser Glaube war gerade im Mittelalter manifest. Und selbst bis heute wird diese Vorstellung im katholischen Katechismus gelehrt. Man nennt es heute zwar leichtgängig "abschließende Läuterung", oder "Purgatorium" aber der Kern bleibt unverändert: willst Du zu Gott, dann musst Du viele Jahre brennen.

Einen "Ablass" konnten sich gläubige Christenmenschen mühsam erwerben, wenn sie gute Taten vollbrachten. So war dies die hauptsächliche Motivation der Kreuzritter und deren Gefolge. Es hieß zum Beispiel: "Sei Jerusalem erst einmal befreit, dann winkt der Generalablass." War es nicht ein unschätzbarer Lohn, ohne jahrelanges Brennen gleich zum Herrn aufzusteigen? Blöd war nur, dass man sich diesen Ablass immer nur für sich selbst verschaffen konnte. Und der Vatikan hat diese "Marktlücke" schnell entdeckt. Damit war der Handel von Ablässen geboren. Das Wort ist eigentlich falsch, denn es ging immer nur um den einmaligen Verkauf eines von einem Papst, Kardinal oder Bischoff unterzeichneten Fetzen Papiers, der je nach Preis den Ablass für eine Anzahl von Jahren vorsah. Und das wirklich gemeine an dieser Sache war, dass man vor allem darauf spekulierte, dass die Leute solche Ablasse für ihnen nahestehende Personen kaufen würden. Zum Beispiel ließ die hohe Kindersterblichkeit die armen Leute noch den letzten Kreuzer hergeben, um einem hilflosen Kleinkind den Aufenthalt im Fegefeuer zu ersparen. Jetzt kann man sich fragen, wie ein Baby eine Sünde begehen könne. Aber doch! Als Nachfahren Adams und Evas sind alle Menschen mit ihrer Geburt bereits Träger der Erbsünde. Das Geschäftsmodell ist also rund. Und auch für die eigenen Eltern wollte man bei deren Tode von kläglicher Trauer geschüttelt auch noch etwas Gutes tun. So floss im Laufe der Jahre eine enorme Summe Geldes nach Rom. Unter anderem dienten diese Gelder dem Bau des Peterdomes.

Aber nicht nur der Vatikan allein hatte seinen Anteil. Wie es bei einem Strukturvertrieb noch immer üblich ist, verdienen die Zwischenstände ebenfalls mit. Ganz besonders hat sich dabei der Magdeburger Erzbischof Albrecht Kardinal von Brandenburg (28.06.1490 – 24.09.1545) hervorgetan. Um auch das Erzbistum Mainz unter seine Kontrolle zu bekommen und damit in den Rang eines Kurfürsten aufzusteigen (neben seinem Bruder Joachim I. von Brandenburg wäre dies die zweite von sieben Stimmen für die Wahl des Kaisers), flossen hohe Beträge als Bestechungsgelder. Für diesen bedeutenden Zuwachs an Macht und Einfluss im Reich nahm Albrecht hohe Kredite bei den Augsburger Fuggern auf. Um diese später zurückzahlen zu können, übernahm Albrecht im Jahr 1517 den neu verkündeten Ablass von Papst Leo X. Die Hälfte der Erlöse dienten seiner Schuldentilgung, die andere Hälfte gab er weiter an den Vatikan.

Wie in jeder Vertriebsorganisation waren nun gute "Verkäufer" gefragt. In dem Dominikaner-Mönch Johann Tetzel (ca. 1460 – 11.08.1519) fand Albrecht ein wahres Naturtalent.

Johann Tetzel



Johann Tetzel wurde um das Jahr 1460 als Sohn eines Goldschmieds im sächsischen Pirna geboren. Die wohlhabenden Eltern ermöglichten ihrem Sprössling ein Studium der Theologie in Leipzig, das er im Jahr 1482/83 begann und im Jahr 1487 mit dem Baccalaureus artium abschloss. Im Jahr 1489 trat er dem Dominikaner-Kloster St. Pauli in Leipzig bei. In diesem Kloster starb er am 11.08.1519 nachdem er ein Jahr zuvor von seinen vielen Reisen hierher zurückgekehrt war.

Johann Tetzel muss ein rhetorisches Talent gewesen sein. Denn nachdem er im Jahr 1504 den Ablasshandel zunächst für den Deutschen Ritterorden aufgenommen hatte, wurde er schnell für seine mitreißenden Predigten im ganzen Land bekannt. Zu seinen umsatzfördernden Ideen gehörte das nach sozialer Herkunft gestaffelte Preisgefüge und auch das Angebot eines Ablasses für die Zukunft, also für noch gar nicht begangene Sünden. Seinem dabei marktschreierischem Auftreten wird das bekannte Zitat: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt!" zugeschrieben.

In dieses Bild passt auch sein nicht gerade "mönchlicher" Lebenswandel. Auf seinen Reisen im Süden des Reiches hatte er nicht nur einige "Geschenke" bei der weiblichen Bevölkerung hinterlassen, sondern wurde in Innsbruck wegen Ehebruchs und Spielbetrugs sogar zum "Tode durch Ertränken" verurteilt. Dem Kurfürsten von Sachsen, Friedrich III. (der Weise) hatte er es zu verdanken, dass dieser sich beim Kaiser verwandte und so das Urteil aufgehoben wurde. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass gerade dieser Kurfürst auch ein Gönner Martin Luthers war.

Denn Johann Tetzel selbst war ein Gegenspieler Luthers. Und nicht nur das. Genau genommen war Johann Tetzel der Anlass für Martin Luther, mit seinen 95. Thesen gegen den Papst und das Unrecht des Ablasshandels vorzugehen. In seinen Schriften beklagte er den Missbrauch des Ablasses und über Jahre hinweg lieferten sich beide einen Disput, der in dem bekannten Verfahren gegen Martin Luther mündete.

Hier in Jüterbog erzählt man sich noch die folgende Sage:

Tetzel-Sage

Als Tetzel eines Tages wieder so richtig am Verkaufen war, traf er auf einen Edelmann, der ihn fragte, ob er denn auch einen Ablass für künftige Sünden erwerben könne. Tetzel witterte ein großes Geschäft und so sagte er dem Mann dies zu, fertigte das Dokument aus und verlangte einen hohen Preis, den der Edelmann ohne Zögern bezahlte. Das Geld wanderte wie alle anderen Münzen in seinen Geldkasten.

Am nächsten Tag wollte Tetzel nach Jüterbog zurück reisen. Im dichten Wald auf dem Golmberg nordöstlich der Stadt traf er auf eine Gruppe maskierter Räuber, die ihm den prall gefüllten Geldkasten wegnahmen.

Tetzel stieß lautstarke Flüche aus und drohte mit dem ewigen Höllenfeuer, das die Missetäter für diese Sünde zu erwarten hätten.

Da lüftete der Anführer der Bande seine Maske und Tetzel sah, dass es der Edelmann vom vorherigen Abend war. Fröhlich wedelte dieser mit dem Ablassbrief, der ihm genau diese - gestern noch zukünftige - Sünde bereits vergeben hätte.

Bei dem Edelmann soll es sich um Hans von Hake zu Stülpe (1472-1541) gehandelt haben. Allerdings ist auch dieser Fakt historisch umstritten. Jedenfalls soll dieser den Geldkasten der Kirche in Jüterbog übergeben haben, wo er noch heute als "Tetzel-Kasten" zu besichtigen ist.

Nur zunächst eben nicht für uns. Also machten wir uns auf den Weg zu den Maschinen. Da kam uns aber ein wenig Glück über den Weg gelaufen und zwar in Form eines Mannes, der uns beim Aufsteigen zurief, ob wir denn in die Kirche wollten. Er erklärte, dass er jetzt zwar keine Zeit habe, er aber in 20 Minuten und dann für eine ganze Weile in der Kirche zu tun habe und uns aufschließen könne.

Mit dieser Frohen Botschaft fuhren wir in die nahe gelegenen "Tetzel-Stuben", wo wir idyllisch an der alten Stadtmauer und neben dem Stadttor eingelassen in einem wahrhaft mittelalterlichem Gemäuer die Terrasse bezogen und bestens und sehr zügig mit kühlen Getränken und unseren vorab bestellten Essen versorgt wurden.





Das System mit der Vorbestellung hat sich auch hier bestens bewährt. Denn trotz der 32 Leute und einiger Vor- und Nachspeisen waren wir nach insgesamt eineinhalb Stunden fertig und konnten zurück zur Kirche fahren, wo die Tür jetzt doch offen stand.

So konnten wir ins Innere schlüpfen und in einem Nebenraum stand er dann tatsächlich da, der Tetzelkasten:









Aber – um der Wahrheit die Ehre zu geben – muss man wohl auch hier Dichtung und Realität ein wenig trennen: Untersuchungen haben ergeben, dass das Holz des Kastens einer etwa im 12. Jahrhundert gewachsenen Eiche entstammt. Tetzel wird sie also nicht in seiner Zeit zu fertigen in Auftrag gegeben haben. Und wirklich reisetauglich war das schwere Ding sicher auch nicht. Viel wahrscheinlicher ist, dass diese Truhe wie sonst auch in dieser Zeit, ein Möbel für die Aufbewahrung verschiedenster Dinge war. Also für Akten (Schriftrollen), liturgisches Zubehör für die Messe oder für Gewänder. Wohl aber kann angenommen werden, dass Tetzel diesen Kasten benutzt hat, als er in Jüterbog wirkte und vielleicht war das ja seine "Hauptkasse". Also ganz daneben lagen wir vielleicht doch nicht.

Jedenfalls nahmen wir uns noch die Zeit, den Rest der Kirche zu besichtigen.











So konnten wir uns also auf den Weg machen



und fuhren noch einmal an den Tetzelstuben vorbei (rechts mit der Mönchsfigur und vor dem Haus übrigens eine "Luther-Eiche").



Jetzt ging die Reise weiter in den Süden.





Durch den Niederen Fläming und bis in das Elbe-Elstergebiet hinein fuhren wir über Bochow, Zellendorf, Glücksburg, Mügeln, Linda (Elster), Schönewalde, Kremitzaue nach Schlieben.





Hier legten wir erst einmal einen Tankstopp ein.





Gleich darauf kamen wir zur St.-Martin-Kirche



und zur für heute einzigen Büste des Kirchenmannes.





Wieder die Gelegenheit für ein paar Worte.





Denn Martin Luther hatte in Schlieben nicht allzu viel zu schaffen. Lediglich einmal besuchte er diesen Ort im Jahr 1529/30. Aber Schlieben hat für die Reformation eine andere Bedeutung.

Hier in Schlieben gab es auch einen für die Reformation wichtigen Menschen. Schon bereits hundert Jahre vor Luther hat sich Johannes von Drändorf (*1390 in Schlieben, † 17.02.1425 in Heidelberg) gegen den Papst gestellt. Als Anhänger des Utraquismus trat Drändorf für den "Laienkelch" ein, also dafür dass die Kommunion, das Abendmahl in beiderlei Gestalt gespendet werden solle. In dieser Zeit war es bei der Messe nur den Priestern erlaubt, den sakralen Wein zu trinken. Ebenso stellte er die Unfehlbarkeit der Konzile und sogar die des Papstes in Frage und bestritt das vatikanische Primat. Klar, dass er somit auch gegen die klerikale Hierarchie ankämpfte. Ihm wurde in Heidelberg der Prozess gemacht und wie schon seine Vorgänger (z. B. der Reformator Jan Hus) landete er auf dem Scheiterhaufen.

Martin Luther und Philipp Melanchthon – neben Luther ein bedeutender Treiber der Reformation im 16. Jahrhundert – erklärten Johannes von Drändorf zu einem Märtyrer der Reformation.

Na ja, eine Luther-Eiche gab es hier dann auch noch.









Dann gab es noch ein kleines Schauspiel. Wir reckten die Köpfe nach oben,



denn ein lautstarkes Klappern zeugte von den Frühlingsgefühlen eines Storchen-Pärchens.



Denn nebenbei bemerkt hatten wir wirklich ein hervorragendes Wetter. Entgegen der Drohung mit einer Regenwahrscheinlichkeit von 35 Prozent, blieb es den ganzen Tag trocken und es war nicht zu warm und nicht zu kühl, also für eine solche Tour wirklich sehr günstige Gegebenheiten.

Wir machten uns jedenfalls wieder auf den Weg.



Über Berga, Krassig, Rinow, Bärwalde, Hohenseefeld, Wahlsdorf und Petkus passierten wir das Baruther Urstromtal.





Bald darauf kamen wir hinter Ließen, Stülpe, Luckenwalde, Berkenbrück und Hennickendorf nach Dobbrikow, wo wir in der Scheune unsere Kaffeepause einlegten.















Wie immer löste sich der Trupp hier dann schon auf. Als wir die nach unserem späten Ansturm noch einmal mit Leben gefüllte Scheune verließen, lag sie nun sehr verwaist da.



In der untergehenden Abendsonne düsten wir Berlin entgegen.











Nach 291 km schlägt einmal mehr eine Tour zu Buche, die interessant und mit dem Wetter sehr glücklich lag und die vor allem von ihren gut gelaunten Mitfahrern profitierte, die gezeigt haben, dass man auch mit 28 Maschinen flott und sicher in der Gruppe unterwegs sein kann.

Für uns war dies der Einstieg in die Saison. Und weil wir uns heute als gute Christenmenschen gezeigt haben (also einmal abgesehen von den überzeugten Atheisten und anderen Teufel-innen), sollte uns Petrus hold bleiben und uns weiter mit so gutem Wetter beschenken. – Amen.

Bis zum nächsten Mal!

Gruß Ron