Nach über zweijähriger Pause ging es heute endlich wieder auf Tour. Auch wenn es von den Mitfahrern her nur eine sehr kleine Gruppe war, tat es doch gut, die lange vermissten BBB-Rituale neu einzuüben. Nicht nur, dass wieder Touren-Bonbons gebastelt werden mussten, war schon die Vorbereitung der Tour (Ausarbeiten der Strecke, Abfahren und den vielen Baustellen anpassen, etc.) eine Herausforderung. Aber schließlich hat alles geklappt.
Morgens an der Brücke trafen sich Hartmut, John und meiner Einer zum finalen Kaffee.
Wegen einer ersten Baustelle direkt an der Brücke ging es über die Autobahn hinaus.
Aber sogleich verließen wir sie wieder in Richtung Wannsee
und fuhren über die Glienicker Brücke nach Potsdam.
Auch hier mussten wir einige nervenden Baustellen passieren, bevor wir uns entlang des Templiner Sees und des Schwielowsees endlich offenes Landes erfreuen konnten.
Es ging weiter über Caputh, Flottstelle und Ferch, bevor wir hinter Kammerode nach Norden drehten und weiter über Glindow den Ort Derwitz erreichten. Hier gab es ein interessantes Denkmal zu besichtigen.
Der Ort Derwitz gilt als der Ort, an dem weltweit im Jahr 1891 der erste Menschenflug stattgefunden hat. Durch die Verwandtschaft mit der hiesigen Pfarrersfamilie fand Otto Lilienthal bei dem Windmüller Herrmann Schwach einen Unterstand für seine Fluggeräte. Auf der Nordseite des "Spitzen Berges" (der später abgetragen wurde und heute nicht mehr existiert) machte Lilienthal im Jahr 1891 die nachweislich ersten ernsthaften Flugversuche, die ihn anfangs auf Strecken von 15 bis 30 Metern durch die Lüfte trugen. Dass diese Versuche nicht nur einfaches "Ausprobieren" waren, wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass dem ersten Sprung über 20 Jahre akribischer Forschung und Beobachtung vorausgingen, bei denen er die Flugfähigkeit von gewölbten Tragflächen an Modellen untersuchte und im Jahr 1889 seine wichtigste Schrift "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst" veröffentlichte.
Auf der Spitze der Pyramide des Denkmals (die nach Aussage des sie schaffenden Künstlers Raphael Statt, einem Zisterzienser-Mönch, betreten werden darf) findet sich die folgende Inschrift:
"Den Tag, an welchem Lilienthal im Jahre 1891 seine ersten 15 Meter in der Luft durchmessen hat, fasse ich auf als den Augenblick, seit welchem die Menschen fliegen können. – Ferdinand Ferber"
Bei Ferdinand Ferber handelte es sich um einen französischen Flugpionier, der von den Werken Lilienthals inspiriert worden war.
Wir setzen unsere Fahrt weiter nach Norden fort,
um mit der Ketziner Fähre wieder die Havel zu kreuzen.
Danach fuhren wir über Tremmen und Quermathen weiter durch das Havelland und näherten uns der südlichen Spitze von Fehrbellin, wo der dortige Flugplatz gelegen ist.
Hier sind neben einigen alten Militaria
auch Oldtimer-Flugzeuge, mit denen man einen Rundflug buchen kann. Aber ein besonderes Augenmerk hatten wir auf die Fallschirmspringer.
Gegenüber hat man nach der Schießung von Tegel ein privates „Air-Berlin-Denkmal“ errichtet.
Nach einem Imbiss ging die Reise weiter. Über Friesack und Kleßen kamen wir weiter im Westen nach Stölln,
mit dem als ältesten Flugplatz der Welt akzeptierten Segelfluggelände.
Lilienthal benötigte für seine Flugversuche natürlich Geländeerhebungen, mit denen die Mark Brandenburg nun wahrlich nicht gesegnet ist. Aber hier in Stölln fand er den 109,2 Meter hohen Gollenberg (nach dem seit 2002 die ganze Gemeinde benannt ist), den höchsten "Berg" des westlichen Havellandes. Seit 1894 nutzte Lilienthal den nordwestlichen Hang für seine Gleitflüge.
Hier (und zuvor in den Rhinower Bergen) flog er Strecken bis zu 250 Meter und bewies die Lenkbarkeit seiner Flugapparate damit, dass es ihm hier erstmalig gelang, eine Kehrtwende zu steuern. Denn im Gegensatz zur damaligen Annahme, dass für ein Lenken lediglich die Traglast verschoben werden müsse, erreichte er den gleichen Effekt durch eine andere Stellung der Flügel.
Otto Lilienthal war ein Forscher und Tüftler und ein Vollblut-Flieger. Für seine Ziele opferte er alles. Schließlich auch sein Leben. Am 9. August 1896 unternahm er einen weiteren Flugversuch. Gleich nach dem Start wurde er von einem heftigen Windstoß erfasst, der den Flugapparat aus 15 Metern Höhe abstürzen ließ. Lilienthal wurde am Rückgrat verletzt.
Man brachte ihn zunächst mit einem Pferdewagen bei vollem Bewusstsein in einem benachbarten Gasthof (heutiges Lokal "Zum 1. Flieger") unter und transportierte ihn am nächsten Tag mit einem Güterwagen nach Berlin. Auf dieser Fahrt fiel er in ein Koma, aus dem er nicht mehr erwachte. Er starb am 10. August 1896 im Berliner Universitätsklinikum im Alter von 48 Jahren. Seine Begräbnisstätte auf dem Friedhof Lankwitz trägt die Inschrift "Opfer müssen gebracht werden". Dies sollen auch seine letzten Worte gewesen sein.
Diese Annahme ist jedoch zweifelhaft, weil Lilienthal davon überzeugt war, nicht schwer verletzt gewesen zu sein. Er spürte fast keine Schmerzen, weil mit der Querschnittslähmung alle unteren Gliedmaßen betäubt waren. Er ging davon aus, nur ein wenig ruhen zu müssen und wollte sich danach gleich wieder an die Arbeit machen. Dennoch wurde er oft mit diesen Worten zitiert. Allerdings ging dies wohl auf die Beziehung zu seiner Frau zurück, die unter der Arbeitswut ihres Mannes eher zu leiden hatte.
Gerade diese Frau war die Namensgeberin einer Iljuschin 62, die ihr und ihrem Gatten zu Ehren hier als Museum ausgestellt wird. Die „Lady Agnes“ wurde im Jahr 1989 unter abenteuerlichen Umständen auf dem Feld gelandet.
Als kleine Multimedia-Einlage konnte dieses Unterfangen per NFC angeschaut werden. Hier der Youtube-Bericht:
Uns zog es nun auf die Schlussetappe. Über Dreetz, Läsikow, Vichel, Alt Friesack, Wall und Beetz enterten wir Kremmen mit seiner dortigen Scheune.
Zwar wurden wir auf den letzten Kilometern doch noch nass. Aber die kurze Dusche war eher eine willkommene Abkühlung an diesem mit 36 Grad sehr heißen Tag. Und bis zu unserem Kaffee waren wir auch wieder trocken gepustet.
Es war ein schöner Auftakt nach langer Durststrecke. Sicher wird es in dieser Saison noch ein paar Gelegenheiten für weitere Touren geben. Bis dahin!