Königsgrab von Seddin (16.10.2022)
Voller Vertrauen auf die Wetter-Frösche trafen sich heute Cetin, Christoph, John, Lutz und ich an der Spinner-Brücke zu einer herbstlichen Ausfahrt.
Denn morgens war es noch stark bewölkt und unterwegs passierten wir manches noch rest-feuchtes Terrain. Aber es hieß, dass die regentriefenden Wolken spätestens um 10 Uhr gen Osten abziehen sollten und so legten wir dann in Richtung Potsdam ab.
In Potsdam war es zuweilen mühselig,
aber bald war auch das geschafft und wir erreichten offenes Land.
Der Herbst mit seinen Farben war unser ständiger Begleiter.
Und die Sonne dann auch.
Wir fuhren über Potsdam nach Westen ins Havelland und kamen durch Ketzin, Päwesin, Nennhausen und Kotzen. Ach … ich liebe diese tollen märkischen Namensgebungen! ;-)
Über die Kinderautobahn, die schon lange keine mehr ist, ging es weiter ins Ländchen Friesack. Dort legten wir unsere erste Pause – die Einreihpause – ein.
Es gab nicht viel einzureihen und wir brauchten auch mehr die eigentliche Pause. Denn die Anfahrt zum ersten Ziel war heute mit über 180 km sehr lang und so konnten wir nicht allzu viele Stopps einlegen. So machten wir uns auch bald wieder auf die Reise.
Tja … und jetzt wird es Zeit, ein paar schmutzige Details der heutigen Tour einzugestehen: denn einerseits hatte ich morgens zu Haus in der Hektik des Aufbruchs mein eigenes Handy vergessen. So mussten die Mitfahrer heute sämtliche Fotos liefern, was mit unserem On-Tour-Gadget auch gut klappte. Aber leider habe ich nach meinem Umzug auch noch nicht alle Utensilien wiedergefunden. Und so herrschte heute ein Mangel an Ersatz-Akkus für die Helmkamera. Deshalb gibt es jetzt bildertechnisch einen Sprung:
Nachdem wir über Stölln, Babe und Lohm weiter in die Priegnitz vorgedrungen waren, erreichten wir hinter der Plattenburg und Kreuzburg unser heutiges Ziel: das Königsgrab von Seddin.
Hier befindet sich ein im 9. Jahrhundert v. Chr. künstlich angelegter Grabhügel, wie er sehr häufig in unseren Breiten zu finden ist. Mit einem Durchmesser von knapp 64 Metern und einer Höhe von über 10 Metern werden die Menschen damals wohl jahrelang an seiner Aufschichtung gearbeitet haben, um dort im Inneren die Überreste eines hiesigen Fürsten zu begraben.
Der Hügel wurde seit jeher "Hinze-Berg" genannt. Über drei Jahrtausende hinweg erzählte man sich die Geschichte von dem beim Volk beliebten König Hinz, dem zu Ehren man ein würdiges Grabmal errichten wollte. Damit seine Ruhe nicht gestört werde, richtete man den riesigen Hügel auf und legte mehrere falsche Grabkammern an, damit die wirkliche Ruhestätte verborgen bliebe. In ihr ruhten die Brandasche des Königs, seiner Gemahlin und einer Dienerin. Die Frauen waren dem König freiwillig in den Tod gefolgt.
Über all die Jahre hielt sich auch das Gerücht, dass die Urnen aus wertvollem Material bestehen sollten. Die des Königs selbst sollte aus purem Gold sein. Dies trieb im 19. Jahrhundert den Bauern, auf dessen Grund der Hügel stand, dazu, mit Ausgrabungen zu beginnen. Allerdings unterschätzte dieser den Aufwand sehr und vernachlässigte seine anderen Pflichten. Dadurch wurde er bald mittellos und verarmte hoffnungslos. Dies wurde von seinen Nachbarn als die "Gerechte Strafe des König Hinz" gedeutet.
Im September 1899 wurden im Zuge des Steinabbaus, dem viele dieser Grabhügel zum Opfer fielen, die Grabkammern entdeckt. Der Staat kaufte den Hügel daraufhin und veranlasste die wissenschaftliche Erkundung dieses bronzezeitlichen Fundes.
Bis heute wird aktuell noch immer an diesem Fund geforscht. Denn nicht nur, dass es offene Fragen über die Bau-Methodik gibt (z. B. ist die Herkunft des Materials fraglich), hat man auch festgestellt, dass die besondere Musterung der Urnen in ganz Europa vorzufinden ist und nachweislich aus derselben Werkstatt und demselben Künstler stammen muss. Daraus schlussfolgerte man, dass es schon vor dreitausend Jahren intensive Handelsbeziehungen gegeben haben muss.
Die Grabkammer ist heute zugänglich und auch nicht gesichert. Das heißt, es gibt kein Schloss an dem Schutzgitter. Also guckten wir uns den Ort genauer an.
Auf den Schautafeln gab es viele weiteren Informationen.
Als wir unseren Wissensdurst gestillt hatten, machten wir uns auf den Weg zu unserer heutigen Einkehrstation. Im Rücken des Schlosses Wolfshagen gibt es ein gemütliches Restaurant.
Und weil die Sonne warm genug war, bevorzugten wir die Terrasse als Essplatz.
Das Essen war gut und reichhaltig und wir hatten wie immer eine Fülle von Gesprächsthemen. Nach gut einer Stunde ging es dann wieder auf die Strecke.
Zunächst stand im nahe gelegenen Pritzwalk der Tankstopp an. Danach drehten wir wieder gen Süd-Ost.
Auf unserem Weg über Heiligengrabe, Blumenthal, Rosenwinkel, Brunn, Lögow, Lüchfeld und Walchow hatten wir die leuchtende Abendsonne an unserer Seite.
Hinter Fehrbellin passierten wir Linum, das bekannte "Storchendorf". Wir wunderten uns über die dortige versammelte Menge von Hobby-Fotografen.
Ein nachträgliche Recherche förderte zu Tage, dass es sich dabei wohl um verschiedene Workshops handelte, die von professionellen Fotografen durchgeführt werden, wenn die Leute die gerade stattfindende Reise der Kraniche ablichten wollen. Und tatsächlich wurden wir heute auch mehrfach Zeuge dieses Geschehens.
Das nachlassende Tageslicht machte die Aufnahmen der bei der Mittagspause wieder halbwegs nachgeladenen Helmkamera zu moderner Kunst.
Als wir uns dann Kremmen – unserem Schlusspunkt – näherten,
erlebten wir eine unliebsame Überraschung. Auf dem dortigen Festplatz, wo uns schon manch eine Maifeier ins Gehege kam, wurde offenbar noch ein Oktoberfest zelebriert. Der aufgestellte Autoscooter und ein anderes Karussell nahmen den Parkplatz vollständig in Beschlag und so war die Zufahrt zum gesamten Scheunenviertel gesperrt.
Für uns hieß es deshalb ohne einen Scheidebecher Abschied zu nehmen. Und so trat dann jeder die Heimreise an.
Mit 306 Kilometer schlug diese Herbst-Tour zu Buche, die durchweg sonnig und halbwegs warm und vor allem trocken zurückgelegt wurden. Aber wir wollen noch nicht vom Saison-Abschluss reden. In 14 Tagen gibt es auch für die Saisonisten noch einmal eine Chance. Na ja … und weil es genau einen Tag vor Halloween ist, wird uns sicher noch etwas Passendes einfallen. ;-)
Bis dahin!
Gruß Ron