Seeluft in Brandenburg – 11.08.2024



Was kann es an einem heißen Sommertag Besseres geben, als eine kühle, frische Brise Seeluft? Und dass das auch mitten in Brandenburg möglich sein soll, wollten wir heute erkunden.

An unserem Treffpunkt Nord – der Bäckerei Junge in Reinickendorf – trafen wir uns noch zum Frühstück und/oder einen Kaffee.



Nacheinander trudelten alle ein.











Alle? Nicht ganz. Peter war irgendwie auf Abwegen und wir sammelten ihn auf den ersten Kilometern auf. Schließlich waren wir mit Bianca, Jörg, Peter, Ralf (Ralkam), Ralf (ralfr12r), Stefan und mir vollständig und konnten den Weg nördlich aus Berlin hinaus suchen.







Bald war es geschafft und es wurde um uns deutlich grüner.



Und nachdem wir auch über Stolpe, einen kurzen Sprint über die A111, dann durch Velten und Oberkrämer auch den Speckgürtel hinter uns gebracht hatten, wurden die Wege bald auch wieder sehr schmal.





So fuhren wir durch das Oberhavel-Gebiet und passierten Wolfslake, Klein- und Groß Ziethen, Staffelde, Flatow, Kuhhorst, Königshorst und Lobeofsund (der ein oder andere erinnert sich an die damalige Tour, als wir uns um die korrekte Aussprache dieses merkwürdigen Ortsnamens kümmerten),



und konnten hinter Friesack und Nackel auf einen etwas – sagen wir mal rustikaleren Plattenweg abdrehen,



der uns zu unserem ersten Etappenziel der heutigen Ausfahrt führen sollte.





Hier befindet sich dieser "Gerichtsplatz".





Ein paar Schautafeln klärten uns auf.











Die Story hierzu ist folgende: Der Stein markiert den früheren Gerichtsplatz der Gemeinde Nackel. Zudem soll hier aber auch eine Kindsmörderin bestattet sein. Am Abend des 28. März 1740 soll die Soldatentochter Dorthe Lisbeth Büsig (nach anderen Quellen: Dorthe Lisbeth Mücke), die von einem Adolf Johann Neuendorf geschwängert wurde, ihr frisch geborenes Kind mit einem Strick erwürgt haben. Die Tat wurde gleich am nächsten Morgen bekannt. Eigentlich wäre mit ihr kurzer Prozess gemacht worden, denn auf eine solche Tat stand der Tod durch Ertränken. Mangels eines tiefen Gewässers in der Gemeinde, wurde sie jedoch vom Scharfrichter in Neuruppin am 28. Juni 1740 enthauptet und in der Nähe des Gerichtsplatzes bestattet.

Seitdem ranken sich um den düsteren Ort viele Spukgeschichten. Nachvollziehbar ist, dass die benachbarte Ackerfläche nie bebaut wurde. Auch war es nicht ratsam, in der Nähe des Gerichtsplatzes Rast einzulegen, wenn man keine unliebsamen Begegnungen mit bösen Geistern oder Hexen haben wollte. Pferde würden hier immer scheuen und bei Nacht müsse dieser Ort ganz besonders gemieden werden. Einst fand hier ein Jägermeister den Tod durch Genickbruch.

Das Urteil dürfte auch das letzte seiner Art in dieser Gegend gewesen sein. Denn im Jahr 1747 wurde unter der Regentschaft Friedrichs des Großen den Ortsgerichten das Blutgerichtsrecht entzogen.

Und während wir da so herumstanden, wurden wir auch gleich Zeugen, wie die "bösen Geister" anderen Verkehrsteilnehmern übel mitspielten. Gleich zweimal hat es laut hörbar gerumst. Auf die Details wollen wir hier aber lieber nicht eingehen. Jedenfalls nicht ohne rechtlichen Beistand … ;-)

Ganz nebenbei hatten wir auch noch unsere Einreihpause zu absolvieren. Aber es gab kaum etwas zu besprechen. So konnten wir dann bald wieder die Anker lichten.







Unser Weg führte uns über Temnitztal, Neustadt (Dosse) mit seinen großen Pferdegestüten, Breddin, Damelack und Klein- und Groß Lepin, wo uns ein sehr angenehm zu fahrender Plattenweg mit Rasengittersteinen anstelle sandiger Mittelstreifen



vorbei an der Plattenburg führte. Eigentlich war hier das Mittagessen geplant. Aber leider hat man dort das Restaurant aufgegeben und es ist nur ein kleines Café übriggeblieben, das einen sicher nicht satt machen würde. So ließen wir diesen sonst auch historisch sehr interessanten Ort rechts liegen und näherten uns gleich danach der Kurstadt Bad Wilsnack, wo wir uns dieses Bauwerkes annehmen wollten (links).



Wir parkten zunächst unsere Maschinen,



und machten uns zu Fuß auf, die Installation zu erkunden.



So sieht sie von vorne aus



und so von hinten.



Info-Tafeln klärten uns auf:



Bad Wilsnack verfügt als Kurort über eine natürliche Therme. Das heißt, tief im Erdreich gibt es ein Solevorkommen, also in Wasser gelöstes Salz, das man für Kurbehandlungen erschlossen hat. Eine Anwendung ist die Freiluftinhalation von salzhaltiger Luft. Dies wirkt sich vorteilhaft auf die Bronchien aus, wie es zum Beispiel auch bei der Inhalation von Salinenluft tief in Bergbaustollen oder von Seeluft der Fall ist.

Hierzu wird auf einem großen Wall von Schwarzdorn-Edelreisig das Solwasser geträufelt. Auf seinem Weg zum Boden verdampft viel feuchte Salzluft, während andere Begleitminerale (Gips, Kalk, Eisen, etc.) am Reisig hängen bleiben. Das unten angelangte Wasser, das eine viel höhere Konzentration von Salz enthält wird derzeit nicht weiter genutzt. Eigentlich entstammt diese Technik dem Bergbau, bzw. der Salz-Produktion. Denn mit der nun aufgewerteten Sole – daher die Bezeichnung Gradierwerk – ließ sich schneller und mehr Salz produzieren. Aber für die gesundheitliche Nutzung reicht das verdampfende Salzwasser. Bei einem Rundgang um das Gradierwerk kann es über die Haut und über die Atemwege aufgenommen werden. Allerdings kann es auch passieren, dass sich auf der Kleidung ein leichter Salz-Film bildet. Um dem zu entkommen, lassen sich schützende Umhänge ausleihen.

Die Gradieranlage in Bad Wilsnack ist die erste im Land Brandenburg. Sie hat eine Gesamtlänge von 55 Metern sowie eine Reisighöhe von 7,5 Metern und ist für die Kurstadt eine einmalige Bereicherung. Ein Wandelgang mit Sitzgelegenheiten führt rund um die Anlage und fördert das bewusste Einatmen der reinen, salzhaltigen und gesunden Luft. Es nötigt sich geradezu ein Vergleich mit der Küstenluft auf. Und tatsächlich: schon der angenehme Duft erinnert an eine frische Meeresbriese. Das Gradierwerk ist ganzjährig (außer bei Frostgefahr und starkem Wind) in Betrieb. Bad Wilsnack gehört damit zu den wenigen Kurorten Deutschlands, die eine solche Einrichtung anbieten können.

Alle paar Jahre muss der Reisig natürlich gewechselt werden. Und man scheint schon das Material hierfür zu sammeln.



Wir liefen noch einmal quer über das Gelände der Therme





und fuhren wenige hundert Meter weiter und kehrten am Bahnhof in den "Alten Speicher" ein. Schnell waren zwei Tische zusammengeschoben, so dass wir an einer Tafel Platz fanden.



Das Essen war ausgesprochen lecker, der Service sehr freundlich und preislich blieb es auch im Rahmen. Es gab sogar ein kleines Süppchen gratis vorab.







Als wir mit dem Essen fertig waren legten wir ein kurzes Stück von etwa zehn Kilometern zurück, um Sprit aufzunehmen.



Hiernach kehrten wir von unserem Nord-West-Trip wieder zurück und fuhren in Richtung Süd-Ost, stets mit der anhaltend strahlenden Sonne im Rücken.



Wir passierten Groß Welle (mit diesen riesigen Birnen an den übervollen Bäumen), Lindenberg, Kehrberg, Wutike, Bork, Lellichow, Sechzehneichen (wieder so eine brandenburgische Kuriosität, die mit dem gleichnamigen Thriller aber nichts zu tun hat), Tramnitz, Lögow, Küdow, Protzen, Dammkrug, Fehrbellin und Hakenberg, bevor wir hinter Linum und Orion die Scheune in Kremmen erreichten, wo wir den Tag ausklingen ließen.



Nach 268 Kilometern bei herrlichstem Sonnenschein, milden und nicht zu heißen Temperaturen fand ein schöner Tag sein Ende, der bei bester Laune und lustigem Geplauder nebst interessanten Gesprächen begangen wurde.

Bis zum nächsten Mal. Spätestens aber bis zur Harz-im-Herbst-Tour Anfang September!

Gruß Ron